Bonn, 26. August 2024. Vertrauen in den Multilateralismus stärken, die Vereinten Nationen (UN) fit für die Zukunft machen und die Umsetzung der Agenda 2030 beschleunigen – das sind die Ziele des UN-Zukunftsgipfels am 22. und 23. September 2024 in New York.
Die Ambitionen des Zukunftsgipfels sind hoch und die Agenda umfassend: Verhandelt werden die Themen nachhaltige Entwicklung und Entwicklungsfinanzierung; Frieden und Sicherheit; Wissenschaft, Technologie, Innovation und Digitales; Jugend und zukünftige Generationen sowie die Transformation der Global Governance. Der SDG-Gipfel 2023 hat gezeigt, dass wir bei den meisten SDGs vom Kurs abgekommen sind. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, Verschuldung, Kriege und geopolitischen Rivalitäten verstärken dies noch. Was muss der Zukunftsgipfel vor diesem Hintergrund liefern?
Nachhaltigkeit gerecht finanzieren
Auf dem Zukunftsgipfel sind weitere Schritte im Reformprozess der internationalen Finanzarchitektur notwendig. Internationale Finanzinstitutionen und multilaterale Entwicklungsbanken sollten den Schutz und die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter noch stärker priorisieren und jegliche Finanzierung fossiler Energien ausschließen. Ziel des Reformprozesses sollte nicht nur sein, aktuelle und zukünftige Herausforderungen besser zu bewältigen, sondern auch eine langfristige SDG-Finanzierung zu gewährleisten. Wichtig ist dabei auch, die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Institutionen sowie die Repräsentations- und Mitspracherechte von Niedrig- und Mitteleinkommensländern (LMIC) in Weltbank und Internationalem Währungsfond zu stärken. Hinzu kommt, dass 48 LMIC mehr für Schuldentilgung als für Gesundheit zahlen (UNCTAD, 2024). Weitere Fortschritte müssen daher beim Thema multilaterale Schuldenerlasse erfolgen. Der Zukunftsgipfel sollte hier eine klare Richtung vorgeben und die Basis für die UN Financing for Development Conference 2025 legen.
Keine nachhaltige Entwicklung ohne Frieden
Die Überprüfung der Umsetzung des SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) beim diesjährigen Hochrangigen Politischen Forum zu nachhaltiger Entwicklung (HLPF) verdeutlichte, dass Fortschritte in diesen Bereichen Gamechanger für die Erreichung aller SDGs bedeuten (UNDP und IDOS, 2024 für SDG 13). Ohne Frieden ist demnach keine nachhaltige Entwicklung realisierbar, wie Studien am Beispiel des Jemens zeigen (UNDP 2020). Auf dem Gipfel und im Follow-up-Prozess muss die systemische Bedeutung von SDG 16 noch sehr viel mehr anerkannt und in Handlungen, etwa Krisenprävention durch die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (u. a. unabhängige Justiz), übersetzt werden. Außerdem sollte die Zivilgesellschaft weltweit als das “Rückgrat der Agenda 2030” anerkannt und dem Schrumpfen zivilgesellschaftlicher Räume entgegengewirkt werden. Bedenklich ist, wie stark die Zugänge internationaler Zivilgesellschaft beim Zukunftsgipfel vor Ort beschränkt sind (IISD, 2024).
Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen erhalten
Unser Handeln hat weitreichende Konsequenzen für junge Menschen und zukünftige Generationen. Der Zukunftsgipfel muss diese Gruppen folgerichtig ins Zentrum stellen. Nachhaltige Entwicklung bedeutet, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Voraussetzung dafür ist die Wahrung der ökologischen Lebensgrundlagen. Das Teilziel 8 (Anhaltendes Wirtschaftswachstum) ist auch in gesättigten Volkswirtschaften noch priorisiertes politisches Mittel für die Agenda 2030-Umsetzung, konterkariert aber die Erreichung zahlreicher SDGs, insb. der ökologischen SDGs 13 (Klima), 14 und 15 (Leben unter Wasser / an Land). Der Zukunftsgipfel sollte Möglichkeiten der Umgestaltung von SDG 8 für ein differenzierteres Wachstumsverständnis je nach Region und Sektor, mehr Wachstumsunabhängigkeit gesellschaftlicher Systeme sowie Suffizienzkonzeptionen diskutieren.Fortschrittsmessung jenseits des Bruttoinlandsprodukts ist hier ein wichtiger Schritt.
Ein Gipfel allein führt nicht zu den diskutierten Reformen. Der Gipfel kann aber dazu beitragen, multilaterale nachhaltigkeitsorientierte Prozesse (u.a. Agenda 2030, Pariser Klimaabkommen, Kunming-Montreal-Biodiversitätsrahmen, Weltbankreform, G20) besser zu verknüpfen. Zentral für den Erfolg ist ein gut strukturierter Follow-up-Prozess, der insbesondere zivilgesellschaftliche Akteure einbindet. Wichtig ist auch, was wir in Europa und Deutschland in den kommenden Jahren tun. Die neue EU-Kommission sollte ihre Arbeit verstärkt an der Agenda 2030 ausrichten. In einer von Konflikten und Misstrauen geprägten Welt ist diese eines der wenigen gemeinsam vereinbarten Zielsysteme. Deutschland sollte den freiwilligen Staatenbericht (VNR) in 2025 zur beschleunigten Umsetzung der SDGs nutzen, um konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Gipfelziele vorzulegen.